"Who the f*** is Heidi?" ist weder ein Roman noch ein chronologisch angelegter Tatsachenbericht. Trotzdem sind sowohl die Ereignisse als auch die Figuren in diesem Buch aus dem Leben gegriffen, es gab bzw. gibt sie immer noch. Genau wie die unzähligen köstlichen Käsesorten, die Sarah Krobath auf eine so unaufdringlich liebenswerte Weise beschreibt, dass man am liebsten alles stehen und liegen lassen, in sein Auto springen und zum Berner Märit an den Jumi-Käsestand rasen möchte.
Obwohl sich in diesem Buch alles irgendwie um Käse dreht, geht es doch um viel mehr. Sarah steht kurz vor einem Burn-Out, zieht die Notbremse, wirft ihren gutgezahlten Job in der Werbeagentur hin und beginnt ein "all-inclusive-Praktikum" beim Schweizer Käsehersteller Jumi. Zwischen Käseleibern und Markständen, Restaurantbesuchen und Käseverkostungen, WG-Enge und familiärer Firmenatmosphäre geht es hier vor allem um eins: um den Sinn des Lebens. Fein verpackt in kleinen philosophischen Häppchen zwischen den Zeilen erfahren wir, warum langsam essen glücklich machen kann, dass Genießen und Kaufen zwei grundverschiedene Dinge sind und fragen uns am Ende selbst, warum auch wir bisher glaubten, Käse und Olivenöl aus dem Supermarkt seien Gourmet-Schnäppchen und Bildung müsse natürlich immer gratis sein. Oder?
Ein kleines bisschen verwirrend fand ich die nicht-ganz-Chronologie der Handlung. Einerseits gab die episodenhafte Erzählweise das Gefühl, die beste Freundin sitzt auf dem Sofa und plaudert über ihr Praktikum bei Jumi. Andererseits kam ich doch ab und zu durcheinander, wann denn nun was war und von wo aus Sarah sich dorthin begab.
Köstlich sind nicht nur die Käsebeschreibungen, sondern auch die Erfahrungen, die Sarah (Österreicherin) in Bern und London macht. Dass man ausgerechnet sie für eine echte Schweizer Heidi hält, empört sie sehr.
Die zu den einzelnen Kapiteln empfohlenen Käse hätte ich mir gern ins Haus geholt. Wegen der unerreichbaren Ferne der Märkte, auf denen Jumi-Käse erhältlich ist, musste ersatzweise der Inhalt des heimischen Kühlschranks herhalten. Ein Besuch am Jumi-Marktstand steht von jetzt an ganz oben auf der Liste der Dinge, die ich in meinem Leben noch tun möchte.
Alles in allem ein Buch, das ich nicht nur Käseliebhabern, sondern auch Geniessern, Langsam-Essern und Sinn-des-Lebens-Suchern empfehlen kann. Fazit 4****
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