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Mittwoch, 21. Oktober 2015

"Der Katzenkönig" von Rainer Wochele

Das Buch "Der Katzenkönig" handelt vom Tierarzt Dr. Karl König, der gerade einige einschneidende Veränderungen in seinem Leben hinter sich hat. Seinen gut bezahlten Job in einem Pharma-Unternehmen hat er selbst gekündigt, seine Frau hat sich von ihm getrennt und ihn der ehemals gemeinsamen Wohnung verwiesen. So ist König nun, mit dreimonatiger Sperre des Arbeitslosengeldes auch finanziell ziemlich am Ende, in das Gartenhäuschen eines ehemaligen Mitschülers am Rande von Stuttgart, hoch über dem Neckar, gezogen.


Am Anfang konnte ich König wegen seiner Doppelmoral nicht leiden. Wie kann er einerseits seinen Job kündigen, weil er die Tierversuche nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren kann, und andererseits Menschen Katzen unterjubeln, die ihren entlaufenen Lieblingen ähnlich sehen, um den Finderlohn zu kassieren? Geld stehlen, das in fremden Häusern für die Putzfrau bereitgelegt wurde? Sich von seiner neuen Liebe aushalten lassen, obwohl er selbst Geld in der Tasche hat? 

Andererseits scheint König feine Antennen zu besitzen. Die Katzen, die mit ihm im Gartenhäuschen wohnen, bekommen passende Namen großer Mediziner. Hippokrates, Sauerbruch, Frau Semmelweis ... König nimmt ihre Befindlichkeiten und ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten wahr und bringt es doch übers Herz, sie fortzugeben, um den Finderlohn zu kassieren. 

Seine Wahrnehmungen der Landschaft, der Musik, die durch die Luft schwirrt, finde ich ganz zauberhaft, fast schon poetisch. Ein widersprüchlicher Mensch, dieser König. Zum Schluss hin konnte ich mich wieder mit ihm versöhnen, brachte sogar eine Art Verständnis für sein vorheriges Verhalten auf. Vielleicht hatte ihm ja nur ein wenig Liebe gefehlt? 
Seine Gedanken zum Thema Tierversuche schreibt König auf einer alten mechanischen Schreibmaschine nieder, gespickt mit Fakten, die erschreckend und grausam sind. Was da unter dem Deckmantel der Wissenschaft geschieht, ist ein Verbrechen an den Tieren! 
Ein paar Sachen gefielen mir nicht ganz so an dem Buch: Zum einen die bereits angesprochene widersprüchliche Moral Königs. Dann die Art, wie das Tierheim ihm immer wieder Katzen herausgibt - das kann so nicht stimmen. Auch dass die Menschen sich fremde Tiere unterjubeln lassen, ihre eigene Katze nicht erkennen, ist mir als Katzen- und Katerbesitzer unbegreiflich. Jede Katze hat ihr eigenes, unverwechselbares "Miau", ihren Charakter, ihre Ohrknubbel usw., ganz abgesehen von Fellzeichnung, Größe und Gewicht. 
Sehr gut gefallen haben mir die Absätze, in denen der große Schnurrix Hippokrates zu Wort kam. Wunderbar, so könnten Katzen tatsächlich denken. Auch die sich sanft entwickelnde Liebe zwischen dem König und Lisamarie, die kleinen Gesten, wie die Gänseblümchen im Haar, die Unbeholfenheit Königs, der viel verlernt zu haben schien, gefielen mir. Königs Sinn für die kleinen Glücksmomente des Lebens machten ihn mir ebenfalls wieder sympathisch. Zwischen den Zeilen schwäbelt es stellenweise ganz schön, auch das mochte ich. Und ein Kölner musste sich natürlich auch mit hineindrängen. Nicht zuletzt auch die schöne Aufmachung mit Hardcover und Schutzumschlag machen diese kleine Büchlein zu etwas Besonderem.

Sprachlich ist mir, abgesehen von den zauberhaften Beschreibungen und bisher nie gelesenen Vergleichen zweierlei aufgefallen: Für meinen Geschmack teils etwas zu verschachtelte lange Sätze und ein für mich nicht nachvollziehbarer Wechsel zwischen Präsens und Präteritum (z.B. S. 146/147) 

Das Ende ist für mich kein wirkliches Happy End. Allerdings passt es zu meinem momentanen persönlichen Empfinden, der Unterscheidung zwischen "kleiner" und "großer" Welt. Wenn die große Welt im Chaos versinkt, der Ehrenkodex tot ist, wird das kleine Glück mit Gänseblümchen im Haar und Katze auf dem Schoß umso wertvoller. 

Fazit: Meine erste Bewertung war 4****. Im Schreiben der Rezension wurden mir all die Dinge bewusst, die diese Geschichte von anderen unterscheiden und mir sehr gefallen haben. Ich runde 4,5 Sterne auf zu 5*****. Hippokrates hätte es gefallen, glaube ich. Oder es wäre ihm egal gewesen. Auf jeden Fall bleibt es dabei: Katzen sind die Besseren.

Das Hardcoverbuch mit Schutzumschlag ist im Verlag Klöpfer&Meyer erschienen, hat 162 Seiten und kostet 20 €. Das E-Book ist für 14,99 € erhältlich.


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