Ausgehend von christlichen Werten, aber ohne anklagenden Alte-Männer-Zeigefinger, werden nahezu alle Bereiche sexueller Aktivität einfühlsam erläutert - vor allem in ihrer Bedeutung für das Leben von Mann und Frau als Paar. Sogar manches, was im Allgemeinen in der christlichen Erziehung als "unkeusch" gilt. Beispielsweise wird Selbstbefriedigung hier viel schöner Selbstliebe genannt und als ein Mittel der Erkenntnis des eigenen Körpers und der eigenen Lust gesehen. Der nichtkörperlichen Selbstliebe, also dem Selbstbewusstsein, wird meinem Empfinden nach sogar die größere Bedeutung gegeben. Das sehe ich ganz genauso. Nur wer sich selbst liebt, sich für liebenswert hält, kann die Liebe des Anderen annehmen. Wer an sich selbst zweifelt, an seiner Liebenswürdigkeit, der zweifelt auch an der Liebe seines Partners. An dieser Stelle sehe ich die Verbindung zum christlichen Glauben als besonders sinnvoll, nahezu logisch. Wer sich in Gott geborgen und geliebt fühlt, weiß, dass er liebenswert ist, und kann sich selbst eher annehmen.
Paulus wird zitiert mit:
"Es ist alles erlaubt, ... Das mag stimmen, aber es ist nicht alles gut für Euch."Und genau hier kommt für mich doch wieder ein wenig der erhobene Zeigefinger ins Spiel. Nicht der alte, verknöcherte, aber der sanftmütige, wie von einer Mutter, die besser zu wissen glaubt, was dem Kind gut tut und was nicht. Selbstliebe solle nicht nur mechanisch ablaufen. Pornos erzeugen Leistungsdruck, sexuelle Erfahrungen vor der Ehe brauche man nicht, und Homosexualität wird zwar nicht verdammt, aber auch nicht erwähnt. Gottgewollte Liebe gäbe es nur zwischen Mann und Frau, lese ich. Hier liegt für mich der Schwachpunkt des Buches. Einerseits schreibt die Autorin, die Ehe habe sich in den vergangenen 200 Jahren stärker verändert als in der gesamten Zeit davor. Und es sei ihr ein Anliegen, überkommene Traditionen zu hinterfragen. Warum hinterfragt sie dann nicht auch die gleichgeschlechtliche Liebe und Ehe? Weil sie diese, um wieder zu Paulus zu kommen, zwar für erlaubt hält, aber nicht gut für uns? Wann hat die Autorin bewusst entschieden, als heterosexuelle Christin durch die Welt zu gehen? ;-)
Ich denke, es ist mehr als deutlich, wer die Zielgruppe für "Liebeslust" ist. Männer und Frauen, die christliche Werte leben wollen oder diesen zumindest aufgeschlossen gegenüberstehen. Fast alle Empfehlungen lassen sich auch für Nicht-Christen umsetzen. Und das ist aus meiner Sicht die starke Seite des Buches. Es ist anders als ein reiner Sexratgeber. Weil es hier eben nicht nur um Sex geht. Sondern um Liebe, Vertrauen, Verständnis - für sich selbst und für den Partner. Wenn diese Basis vorhanden ist, kann darauf aufgebaut werden, ist lustvolle Hingabe und richtig guter Sex möglich. Die Autorin geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie Themen wie Nörgelei, Streit und Fremdgehen mit einbezieht, ihre Ursachen in der Partnerschaft sucht, aber auch die Möglichkeit, damit umzugehen. Und sie zeigt die Verantwortung der Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder auf. Durch die Art wie und worüber man mit den Kindern redet und was man ihnen vorlebt, wird festgelegt, welche Einstellung die Kinder später zu Liebe, Erotik, Sex und Partnerschaft haben werden.
Wer tiefer in einzelne Themenbereiche einsteigen möchte, findet am Ende des Buches ein umfassendes Quellen- und Literaturverzeichnis.
Fazit: 4**** und klare Empfehlung für heterosexuelle (christliche) Paare.
Das Buch aus dem SCM (Stiftung Christlicher Medien) Verlag hat 272 Seiten und kostet 19,95 €. Das E-Book ist für 15,99 € erhältlich. Welches "Problem" ich beim Lesen dieses Buches hatte, habe ich letzte Woche in meinem anderen Blog beschrieben: --> Ausweichlektüre
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