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Montag, 9. November 2015

"Stumme Wasser" von Anja Behn

Was für ein Krimi-Debüt! Ostsee-Nebel und ein geheimnisvoller Fluchtversuch in der Vergangenheit im Prolog. Vorweihnachtliche Stimmung und ein Mord im winterlichen Fahrende. In der Hauptrolle Richard, ein Kunsthistoriker und alter Freund des Ermordeten. Dazu Johanna, die Enkelin des Toten und jede Menge interessante Nebenfiguren. Besonders die Beschreibung der Örtlichkeiten und des Wetters gefiel mir. Ich fühlte mich zurückversetzt in meine alte Heimat, erinnerte mich an die Winter am Meer, den eisigen Wind, der durch die wärmste Kleidung dringt und ins Gesicht beißt, das heimelige Gefühl, aus der kalten Dunkelheit in ein Haus voll Wärme und Licht zurückzukehren.

Ebenso passend beschrieben finde ich die Charaktere, besonders die Nebenrollen. Mein Favorit ist die etwas mürrische, schweigsame Waltraud, die jederzeit ein gutes Essen und einen warmen Tee anzubieten hat. Ganz anders Bernd, ihr Neffe, der freundliche, offene Dorfpolizist. Beide haben für mich das Potential von Serienfiguren. Über ein Wiederlesen mit ihnen in einem nächsten Krimi von Anja Behn würde ich mich sehr freuen. Auch Holger, der von Pech verfolgte Werftbesitzer mit der dauernörgelnden Ehefrau, scheint stellvertretend für einige mir bekannte Mecklenburger zu stehen. 

Johanna wirkt größtenteils überzeugend in ihrer Mischung aus Verletzlichkeit und Stärke. Lediglich die Trauer um den Großvater wich für mein Empfinden etwas zu schnell dem Interesse an Richard. Richards Entscheidungen sind für mich nicht immer logisch nachvollziehbar - aber er ist ja auch ein Mann! 

Die Handlung ist geschickt aufgebaut. Es beginnt mit einem Prolog, der ein Geheimnis zurücklässt. Danach werden wir Leser langsam mit der gegenwärtigen Atmosphäre vertraut gemacht. Fast gemütlich, auf typisch Mecklenburger Art. Doch bevor wir uns zu wohl fühlen im winterlichen Fahrende, gibt es eine Leiche und die Suche nach dem Mörder beginnt. Auf offizieller Seite ermittelt die Polizei, Bernd inbegriffen. Aber auch Richard, der wenigstens noch bis zur Beerdigung seines alten Freundes bleiben will, stellt Nachforschungen an. Mehrere mögliche Spuren tun sich auf. Einige Dorfbewohner wissen mehr als sie sagen. Zum Ende hin steigt die Dramatik fast ins Unerträgliche, geschehen Dinge, die man in einer winterlich verschlafenen kleinen Künstlerkolonie an der Ostsee nie vermuten würde. Und ALLES, was vorher geschah, ergibt plötzlich einen Sinn. Toll gemacht! 

Ein paar kleine Stolpersteinchen sind dem Lektorat und Korrektorat anzulasten, dafür möchte ich jedoch keinen Punkt abziehen. cover und Titel passen für mich perfekt zur Handlung. Die Menschen in Fahrende sind fast ebenso schweigsam wie die Wasser der Ostsee. Und beim Anblick des Fotos glaube ich fast den Wind zu spüren und das Meer zu riechen. 

Fazit: 5***** und herzlichen Dank für diesen schönen Ostseekrimi. Hoffentlich gibt es bald eine Fortsetzung? 

Das Taschenbuch hat 176 Seiten, ist im Emons-Verlag erschienen und kostet 9,90 €. Das E-Book ist für 8,49 € erhältlich. 

Na, sieht das nicht einladend aus? 

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