Das Buch hat mich schon vom Cover her sehr beeindruckt und zum Lesen eingeladen. SO stelle ich mir den Sommer vor - in diesem bequemen Sessel lässt es sich bestimmt herrlich lesen.
Elisabeth,
eine Dauerstudentin, lebt in Berlin und ist unzufrieden mit ihrem
Leben. Sie trifft den Rentner Otto, dessen Schwester sie dafür
bezahlt, sich um Otto zu kümmern - Essen kochen, spazieren gehen,
Gesellschaft leisten. Kein Problem, denk Elisabeth und nimmt den Job
an, denn Otto wohnt über ihr im gleichen Haus.
Aus dieser
Konstellation entwickelt sich eine spannende Geschichte, die auf zwei
zeitlichen Ebenen spielt. Zum Einen ist da Ottos Vergangenheit als
junger Gärtner bei der "gnädigen Frau Esther" mit dem
wunderschönen Garten. Er schwärmt noch heute von dieser wunderbaren Frau, sie war die heimliche große Liebe seines Lebens. Zum Anderen blüht Elisabeth, die behauptet,
Blumen zu hassen, immer mehr auf. Sie legt sogar einen Dachgarten an,
ihren geheimen Rückzugsort, wo sie Ottos Lebensgeschichte und damit
auch die Geschichte von Esthers Garten aufschreibt.
Besonders
gefallen hat mir die Entwicklung der Geschichte in zwei Richtungen.
In dem Maße, wie Esthers Garten und das Leben ihrer Familie in der
Vergangenheit bedroht werden, wächst in der Gegenwart Elisabeths
Lebensmut. Köstlich die Tanzszene mit Otto im Pyjama!
Als Leser
weiß ich, dass Esthers Geschichte kein wirkliches Happy End haben
kann, denn Esther ist Jüdin und ihr Garten gedeiht Anfang der
Dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Trotzdem ist es eine
positive Geschichte, denn Esther und ihre Familie kann sich retten -
nur der Garten hat es nicht geschafft, bis in die Gegenwart zu
überleben. Auch Elisabeths kleiner Dachgarten darf nicht dauerhaft
über den Dächern Berlins blühen. Aber Elisabeth hat zum Schluss
der Geschichte soviel Lebensmut, dass ich sicher bin, sie wird bald
einen neuen, noch schöneren Garten haben.
Ein großes Lob für
die sanfte Schilderung des Grauens, dem die Juden sich damals
ausgeliefert sahen. Es kam schleichend, darum wollten die meisten es
nicht wahrhaben. Ohne dass vordergründige Klischees bedient werden,
erzeugt die Autorin Gänsehaut beim Leser. Und wenn es nur der Tee
ist, der plötzlich in einem anderen Laden gekauft werden soll
...
Kleine Kritik - mit den Zeiten hatte ich mein Problem.
Klar und historisch eindeutig ist die Zeit, in der Otto Gärtner bei
Esther war. Aber wie alt ist Elisabeth? Ich glaube, sie ist viele
Jahre älter als Esther damals und müsste damit gefühlt Mitte
Dreißig sein? Und immer noch Studentin? Wenn Otto damals als junger
Gärtnerbursche anfing und mehrere Jahre in Esthers Haus blieb,
müsste er in der Gegenwart über Neunzig sein? Und - die beiden sind
nie spazieren gegangen (nur einmal zum Essen), obwohl
Elisabeth doch auch genau dafür engagiert wurde.
Trotzdem
ein wunderschönes Buch, das ich gerade einem Berliner
Gartenbaustudenten weiterempfohlen habe. ;-)
Buchdetails
- Erscheinungsdatum Erstausgabe :01.08.2006
- Aktuelle Ausgabe : 01.08.2006
- Verlag : Droemer/Knaur
- ISBN: 9783426633427
- Flexibler Einband: 302 Seiten
- Sprache: Deutsch
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